Armutsmessung
Armutsmessung, pixabay/Foto illustrativ

Weltweit nimmt die Problematik von Armut und Ernährung eine immer zentralere Rolle ein. Ein Forschungsteam der Universität Göttingen hat gemeinsam mit der Organisation Misereor eine neue Methode entwickelt, um Armut umfassender zu erfassen. Dabei wird berücksichtigt, ob Menschen sich neben anderen Grundbedürfnissen auch eine gesunde Ernährung leisten können. Die neue Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Food Policy, offenbart alarmierende Zahlen.

Inhaltsverzeichnis:

Ernährungskosten und globale Armut nach Daten von Jonas Stehl

Die Forscher verglichen die Kosten einer gesunden Grundernährung basierend auf internationalen Ernährungsrichtlinien mit Konsumdaten aus 145 Ländern. Während laut Weltbank 654 Millionen Menschen weltweit mit weniger als 2,15 US-Dollar pro Tag leben, zeigt die neue Methode, dass zwischen 2,3 und 2,9 Milliarden Menschen in Armut leben.

Zwei Drittel der offiziell als arm geltenden Menschen befinden sich in Afrika südlich der Sahara.

Über ein Drittel der von Armut betroffenen Menschen lebt in Südasien.

Zwischen 29 und 35 Prozent der weltweiten Armut betrifft andere Regionen.

Besonders Ostasien und der Pazifik rücken in den Fokus. Allein dort leben zwischen 10 und 19 Prozent der Armen der Weltbevölkerung.

Afrika und Südasien laut neuen Maßstäben besonders betroffen

Nach herkömmlicher Armutsmessung entfallen nur sieben Prozent der weltweiten Armut auf andere Regionen außerhalb Afrikas und Südasien. Der neue Ansatz zeigt jedoch, dass diese Zahl drastisch unterschätzt wurde. In Ländern wie Indien, Bangladesch oder Indonesien können sich viele Menschen trotz formaler Armutseinstufung keine ausgewogene Ernährung leisten.

In Afrika südlich der Sahara ist die Situation ebenfalls kritisch. Hier werden bestehende Herausforderungen durch die neue Berechnungsmethode noch deutlicher. Insbesondere die steigenden Lebensmittelpreise verschärfen die Lage.

Jonas Stehl fordert neue Armutsdefinition

Jonas Stehl, Doktorand in der Forschungsgruppe Entwicklungsökonomie der Universität Göttingen und Erstautor der Studie, hebt hervor, dass viele Menschen nach traditionellen Kriterien nicht als extrem arm gelten. Trotzdem können sie sich keine ausreichende Nahrung leisten, was langfristige Folgen für Gesundheit und gesellschaftliche Teilhabe hat.

Er schlägt vor:

  • Die internationale Definition von Armut zu überdenken.
  • Ernährung als integralen Bestandteil der Armutsmessung zu berücksichtigen.
  • Ressourcen gezielter dort einzusetzen, wo Mangelernährung ein zentrales Problem ist.

Durch diese neue Perspektive könnten Armut und Hunger weltweit effektiver bekämpft werden.

Auswirkungen auf die internationale Entwicklungspolitik

Die Ergebnisse der Göttinger Studie könnten weitreichende Folgen für die globale Armutsbekämpfung haben. Eine Anpassung der Messmethoden durch Institutionen wie die Weltbank könnte die Verteilung von Hilfsmitteln grundlegend verändern.

Die Berücksichtigung von Ernährung bei der Armutsbewertung ermöglicht ein präziseres Bild der weltweiten Notlagen und schafft neue Grundlagen für politische Entscheidungen.

 Quelle: HNA